Noah hatte schon in seiner Oberstufe diesen Traum. Er sah sich in der bayrischen Metropole München an der Universität. Tagsüber vertieft in sein Wunschstudium der Kulturwissenschaften, abends in Bars und Biergärten übers Leben philosophierend. Mit finanzieller Unterstützung seiner Eltern ging es dann nach dem Abi tatsächlich von NRW nach Bayern. Aber nur für ein Jahr.
Noah, du hast nach zwei Semestern dein Studium in München geschmissen. Warum?
Da kommt so einiges zusammen. Zunächst mal musste ich feststellen, dass die Entfernung zu einer großen Portion Heimweh beigetragen hat. Mal von zu Hause weg sein, ist schon cool, ja. Aber dauerhaft fast 700 Kilometer, hm. Das ist schon eine Tagesreise, wenn man da mal nach Hause will. Und kostspielig ist es außerdem.
Wie hattest du dir das denn vorgestellt?
Dass ich damit viel besser klarkomme natürlich (lacht). Aber das ist dann eben der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Ich komme aus einer Kleinstadt im Münsterland, bin behütet aufgewachsen und hänge auch an meinen Eltern und meiner Schwester. In meiner Vorstellung war ich da wohl cooler.
Und wie lief das dann vor Ort ab?
Ich hab’ mich in dieser riesigen Stadt sehr allein gefühlt. Zwar kannte ich München schon ein wenig von früheren Reisen – deshalb wollte ich ja auch dorthin –, aber allein, zum Studieren, in einer winzigen Wohnung, das war schon krass! Dabei hat es gar nicht mal lange gedauert bis ich Kontakte geknüpft hatte. Aber der gemeinsame Nenner war das Studieren. Das hat noch nichts mit Gemeinschaft oder Freundschaft zu tun. Meine Handyrechnungen wurden jedenfalls von Monat zu Monat höher – ich brauchte einfach vertraute Menschen.
Dann hast du die Zähne zusammengebissen?
So lange es eben ging, ja. Ich wollte natürlich nicht gleich hinschmeißen. Wollte mir beweisen, dass ich das schon schaffe. Außerdem hatte ich ein Jahr lang alle mit meinem Traum verrückt gemacht … Naja, dann musste ich mir aber irgendwann eingestehen, dass das einfach so gar nicht mein Ding ist – oder zumindest noch nicht.
Und dein Umfeld?
… wusste dies wahrscheinlich eher als ich (lacht). Zum Glück konnte ich auch offen zugeben, dass ich Heimweh habe und so. Dass allerdings auch viel Frusttrinken im Spiel war, habe ich lieber verschwiegen. Und obendrauf kam ja auch noch, dass ich mir das Studium ebenfalls anders vorgestellt hatte. Da lief wirklich so ziemlich alles schief.
Und jetzt?
Alles auf Anfang. Ich lebe jetzt mit drei Leuten in einer WG in Köln. Ich versuch’s nun mit Englisch und Geschichte auf Lehramt – und glaube, dass mir das mehr entspricht. Wenn ich will, bin ich in gut zwei Stunden bei meiner Familie.
Was sagst du rückblickend?
Dass es eine wichtige Erfahrung, für mich sogar fast schon ein Abenteuer war. Ich habe gelernt, dass man bloß nicht um jeden Preis etwas durchziehen muss. Der gute Draht zu meinen Eltern war natürlich hilfreich. Die haben gesagt: Man muss schon auch lernen etwas auszuhalten – aber wenn man anfängt sich zu quälen, darf man aussteigen. Top!